Hochschule der Medien Stuttgart (HdM)
Fakultät Information und Kommunikation
Learning Research Center
Prof. Dr. Richard Stang
6.Tagung der informellen Arbeitsgruppe Erwachsenenbildung und Raum
an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM)
02. und 03. März 2018
Call for Paper
Lernwelt(en) & Rauminszenierungen –
Gestaltung räumlicher Arrangements für Lernen
Wer sich mit Räumen für Lernen beschäftigt, stößt permanent auf einen Widerspruch: Der Perspektivenwechsel vom Lehren zum Lernen, wie er für alle Bildungsbereiche derzeit proklamiert wird, bildet sich in den Räumen von Bildungsinstitutionen nur sehr zögerlich ab. Benno Werlen nennt dies „time lag“ (Werlen 2004, 181). Einige Hochschulen und Schulen haben sich auf den Weg gemacht, hier Räume (z.B. Seminarräume, Lernzonen, Gebäude) neu zu denken, Bibliotheken entwickeln ein breites Spektrum von Lernräumen (z.B. Einzellern- und Gruppenlernzonen), doch Erwachsenenbildungseinrichtungen scheinen den Lehr-/Lernraum in einer Tischorganisation in U- oder Carré-Form als den effektivsten zu betrachten.
Die zunehmende Sensibilität in der Pädagogik für den Raumdiskurs ist in den letzten Jahren (Sesink 2014, Bernhard et al. 2015, usw.) offensichtlich geworden. In der Erziehungswissenschaft wurde in den 1990er Jahren im Nachgang zur Diskussion des sogenannten spatial turn in den Kultur- und Sozialwissenschaften die Raumthematik intensiver in den Blick genommen (Kraus et al. 2015, 11). Die Diskussion wurde vor allem von der Schulpädagogik aufgenommen (Böhme 2009, 17). Mit Bezug auf interaktions- und handlungstheoretische Raumtheorien entsteht für Nugel „ein pädagogischer Raum erst durch die Aneignungspraxis der einzelnen Lernenden“ (Nugel 2014, 62). Auch für Löw konstituiert sich Raum erst „in der Wechselwirkung zwischen Handeln und Strukturen“ (Löw 2012, 191). Dies bedeutet, dass die Konstitution des pädagogischen Lernraums sowohl durch die Gestaltung, Möblierung und Raumorganisation definiert wird als auch durch das Agieren und (Sich-)Positionieren der Lernenden im Raum.
Doch nicht nur der pädagogisch gestaltete Lehr-/Lernraum kann zum Lernraum werden. Dies wird deutlich, wenn aus der Perspektive der Lernenden Orte und Schauplätze in den Blick genommen werden, wo Lernen stattfindet (Kraus 2015). Die Unterscheidung von pädagogisch gestaltetem Lernort, selbstgestaltetem Lernort und zufälligem Lernort (Kraus 2015, 49) ist dabei hilfreich.
Diese Perspektive öffnet den Blick für Lernorte außerhalb von Bildungseinrichtungen, allerdings auch für „Zwischenräume“ (Brandt/Bachmann 2014, 23–26) innerhalb von Bildungseinrichtungen, die nicht pädagogisch gestaltet sind bzw. keine Lernoptionen von der Konzeption her implizieren, aber als solche von den Lernenden genutzt werden. Vor diesem Hintergrund wird die Frage nach Raumkonzepten als Teil von Lernwelten weitaus komplexer als dies vor dem Hintergrund der pädagogischen Gestaltung der Fall wäre. Bezieht man noch weitere Aspekte mit ein, wie z.B. die Gestaltung von inklusiven Lernzugängen (Schreiber-Barsch 2015), wird die Bedeutung der Raumfrage im Kontext von Lernwelten noch offensichtlicher.
Neben die physischen (Lern-)Räume treten in immer stärkerem Maße die digitalen bzw. virtuellen (Lern-)Räume. Diese lassen sich ebenfalls in pädagogisch konnotierte und von Lernenden selbst zu solchen gemachte unterscheiden, was mit vielen Angeboten im Internet derzeit geschieht (Thissen 2017).
Die Frage, wie sich Veränderungsprozesse bei den Lernwelten in der Gestaltung bzw. Inszenierung physischer bzw. digitaler Raumstrukturen abbilden und wie entsprechende Forschungszugänge gestaltet werden können, steht im Zentrum der 6. Tagung der informellen AG Erwachsenenbildung und Raum mit dem Thema Lernwelt(en) & Rauminszenierungen – Gestaltung räumlicher Arrangements für Lernen. Die informelle Arbeitsgruppe „Erwachsenenbildung und Raum“ ist ein offenes Forum, das sich seit 2012 kontinuierlich Fragen zu Raum und Raumtheorie in der Wissenschaft der Erwachsenen- und Weiterbildung widmet.
Für die Tagung werden Beiträge erwartet, die sich sowohl auf theoretischer als auch auf empirischer Ebene der Thematik zuwenden und sich auf pädagogisch gestaltete, selbstgestaltete und zufällige Lernorte beziehen. Folgende thematische Schwerpunktsetzungen sind für die Tagung vorgesehen:
Raum(an)ordnungen und Materialität
Raumgestaltung schafft Ordnung. Doch welches Ordnungsprinzip gilt in der Erwachsenenbildung? Schafft der Raum die Rahmung für didaktische Möglichkeiten oder bestimmt die Didaktik die Rauminszenierung? Wer ordnet Lernräume? Welche strukturellen Prinzipien gelten in den gestalteten (An)Ordnungen? Wie werden die Lernräume eingerichtet (Möbel, Technik usw.)?
Schauplätze oder Orte der Erwachsenenbildung
Die Erwachsenenbildung tut sich mit der räumlichen Inszenierung ihrer Angebote sowohl im physischen als auch im digitalen Bereich schwer. Ateliers in der kulturellen Bildung scheinen hier nur die Ausnahme zu bilden. Wie gestalten professionell Lehrende sowie Planende in der Erwachsenen- und Weiterbildung räumliche Inszenierungen von Lehren und Lernen und wie könnten Zukunftsperspektiven aussehen?
Verortung der Lernwelt(en) für Erwachsene
Die Landschaft der Erwachsenenbildung ist vielfältig gestaltbar. Unter einer räumlichen Makroperspektive stellt sich die Frage, wo und wie Erwachsene lernen. Dabei treten immer mehr Akteurinnen und Akteure auf, wie z.B. Bibliotheken, die jenseits der organisierten Erwachsenenbildungslandschaft Lernen unterstützen. Wie gestaltet sich diese Landschaft?
Rahmenprogramm
Im Rahmen der Tagung wird auch das Forschungslabor „Lernwelt“ sowie weitere Rauminszenierungen an der Hochschule der Medien vorgestellt.
Einreichung der Beiträge
Erbeten werden Beiträge, die kategorial und/oder empirisch an die genannten drei skizzierten Themenbereiche anknüpfen, gerne auch aus interdisziplinärer Perspektive, jedoch möglichst mit einem Bezug zur Erwachsenenbildung/Weiterbildung.
Für eine aktive Teilnahme gibt es zwei Möglichkeiten:
- a) Vortrag (offen für alle): 20-minütiger Vortrag. Bitte senden Sie uns ein Abstract von höchstens 2.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) und ordnen Sie sich einem der genannten Themenbereiche zu.
- b) Kommentar (insb. Promovierende): 5‑minütiger Kommentar im Anschluss an einen der Vorträge. In diesem Kommentar laden wir Sie ein, auf das jeweilige Vortragsthema eine Reflexion (z.B. in Form von Fragen) zu formulieren. Um eine Zuordnung zu den Vortragsthemen leisten zu können, senden Sie uns bitte eine Übersicht über Ihre bisherigen wissenschaftlichen Schwerpunkte (max. 1.500 Zeichen inkl. Leerzeichen) und ordnen Sie sich einem der genannten Themenbereiche zu.
Das Abstract (Kommentar oder Vortrag) senden Sie bitte bis zum 16.10.2017 per E‑Mail als PDF-Datei an folgende Adresse: stang@hdm-stuttgart.de
Eine Rückmeldung über die Annahme eines Beitrages erfolgt bis Ende November 2017.
Veranstaltungsort und Zeiten
Die Veranstaltung findet vom 02. bis 03. März 2017 (Freitag/Samstag) an der Hochschule der Medien Stuttgart statt. Der genaue Veranstaltungsort und Zeiten werden demnächst bekannt gegeben. Weitere Informationen und regelmäßige Updates sind einzusehen unter: http://www.learning-research.center
Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!
Richard Stang, Christian Bernhard, Malte Ebner von Eschenbach, Katrin Kraus, Silke Schreiber-Barsch
Kontakt
Prof. Dr. Richard Stang
Hochschule der Medien Stuttgart
University of Applied Sciences
Fakultät Information und Kommunikation
Nobelstraße 10
70569 Stuttgart
stang@hdm-stuttgart.de
www.hdm-stuttgart.de
www.learning-research.center
Literatur
Bernhard, C., Kraus, K, Schreiber-Barsch, S., Stang, R. (Hrsg.) (2015): Erwachsenenbildung und Raum: Theoretische Perspektiven – professionelles Handeln – Rahmungen des Lernens. Bielefeld: W. Bertels¬mann.
Böhme, J. (2012): Schulräumliche Ordnungsparameter der Disziplinierung. Perspektiven einer Pädagogi¬schen Morphologie. In: H. Schröteler-von Brandt; T. Coelen; A. Zeising; A. Zische (Hrsg.): Raum für Bil¬dung. Ästhetik und Architektur von Lern- und Lebensorten. Bielefeld: transcript, 219–231.
Brandt, S.; Bachmann, G. (2014): Auf dem Weg zum Campus von morgen. In: K. Rummler (Hrsg.): Lernräume gestalten. Bildungskontexte vielfältig denken. Münster; New York: Waxmann, 15–28.
Kraus, K. (2015): Orte des Lernens als temporäre Konstellationen. Ein Beitrag zur Diskussion des Lern-ortkonzepts. In C. Bernhard, K. Kraus, S. Schreiber-Barsch, R. Stang (Hrsg.): Erwachsenenbildung und Raum: Theoretische Perspektiven – professionelles Handeln – Rahmungen des Lernens. Bielefeld: W. Bertelsmann, 41–53.
Kraus, K, Schreiber-Barsch, S., Stang, R., Bernhard, C. (2015): Erwachsenenbildung und Raum. Eine Einleitung. In: C. Bernhard, K. Kraus, S. Schreiber-Barsch, R. Stang (Hrsg.): Erwachsenenbildung und Raum: Theoretische Perspektiven – professionelles Handeln – Rahmungen des Lernens. Bielefeld: W. Bertelsmann, 11–23.
Löw, M. (2012): Raumsoziologie. 7. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Nugel, M. (2015): Sich entwerfen in, mit und durch Raum. Bildungstheoretische Überlegungen zur Ar¬chitektur der Erwachsenenbildung. In: C. Bernhard; K. Kraus; S. Schreiber-Barsch; R. Stang (Hrsg.): Er¬wachsenenbildung und Raum. Theoretische Perspektiven – professionelles Handeln – Rahmungen des Lernens. Bielefeld: W. Bertelsmann, 55–65.
Sesink, W. (2014): Überlegungen zur Pädagogik als einer einräumenden Praxis. In: K. Rummler (Hrsg.): Lernräume gestalten. Bildungskontexte vielfältig denken. Münster; New York: Waxmann, 29–43.
Thissen, F. (Hrsg.) (2017): Lernen in virtuellen Räumen. Perspektiven des Mobilen Lernens. Berlin; Boston: DeGruyter.
Werlen, B. (2004). Sozialgeographie. Bern; Stuttgart; Wien: UTB Haupt.
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Ab Oktober wird hier das Tagungsprogramm einzusehen sein. Bis dahin müssen wir Sie um etwas Geduld bitten. Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Hier werden Infos zum Veranstaltungsort und Anreise zu finden sein — Link zur Bahn, VVS, Google Map
Hier werden räumlich nah gelegene Hotels vorgestellt
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